„Hot Hooks“ in Petershagen

Hot Hooks

Der Anglerverein am Stienitzsee betreibt zusammen mit der Grundschule am Anger eine Arbeitsgemeinschaft für den Nachwuchs. Lars-Broder Keil berichtet über dieses Erfolgsprojekt:

„Herr Bliese, wir brauchen noch Blei. Herr Bliese, kann ich noch mal anfüttern? Herr Bliese, fangen wir heute was?“ Es ist Mittwochnachmittag am Kleinen Giebelsee in Petershagen bei Berlin. Am Ufer stehen 15 Jungen und ein Mädchen der „Hot Hooks“ und hoffen wie jede Woche darauf, viele Fische an Land zu ziehen.

„Hot Hooks“ – Heiße Haken, so heißt die Arbeitsgemeinschaft für Kinder und Jugendliche, die es seit 2010 im Angelverein Petershagen gibt. Der Verein, der 2016 sein 70-jähriges Bestehen feiert, ist am Stienitzsee bei Strausberg beheimatet. Zurzeit hat die AG etwa 30 Mitglieder. Den Namen und das Logo haben die Nachwuchsangler sich selbst ausgesucht.

Riccardo Bliese, Mitglied des Vereins, leitet die Arbeitsgemeinschaft. Wie jeden Mittwoch hat er die Schüler in der Grundschule am Anger in Petershagen abgeholt. Die Schule ist der Kooperationspartner des Anglervereins, die für Theoriestunden, bei schlechtem Wetter und in der kalten Jahreszeit Räume zur Verfügung stellt. Die Schultaschen sind beim Hausmeister eingeschlossen und gegen eine große Tasche voller Angeln eingetauscht worden. Von 14 bis 16 Uhr sind die Drittklässler dran, anschließend die AG-Mitglieder der 4. bis 6. Klassen. Auch ältere Schüler kommen mitunter vorbei.

„Die Begeisterung für das Hobby Angeln sollte bereits in jungen Jahren gefördert werden“, meint Riccardo Bliese. Das sei die beste Lebensphase, um Interesse für die Natur zu wecken. Die Sieben- bis Vierzehnjährigen können in der Gemeinschaft nicht nur das „richtige Angeln“ lernen, sondern erfahren auch noch ganz viel zu Themen wie Fischkunde, Gewässerbiologie und Umwelt. Und das auch in der Praxis. „Hege und Pflege im Einklang mit der Natur“ – so lautet ihr Motto.

So werden im Werkraum der Schule Nistkästen gebaut, die später nicht nur an Bäumen angebracht, sondern regelmäßig begutachtet oder repariert werden. Auch die Reinigung des Ufers am Kleinen und Großen Giebelsees gehört zu den Aufgaben der Arbeitsgemeinschaft. „Wir finden immer viel Müll hier“, erzählt Finn und Anakin ergänzt: „Letztens haben wir 20 Flaschen aus dem See rausgeholt.“

Doch heute steht das Angeln auf dem Plan. Riccardo Bliese teilt jeweils zwei Schülern eine Angel zu. Er macht dies nicht, weil es zu wenige Ruten gibt. „Ich möchte die Teamarbeit fördern“, sagt der AG-Leiter. Die Schüler sollen üben, sich in einer Gemeinschaft zu bewegen. Bliese: „Sie sollen auch den See als ,ihren See‘ betrachten.“ Wert legt er außerdem darauf, dass die Schüler etwas lernen, ohne Druck auf sie auszuüben.

Und den Schülern gefällt es, die Plätze in der AG sind heiß begehrt. Colin, 3. Klasse, macht am meisten Spaß, wenn ein Fisch anbeißt. „Ich weiß ja nicht, was es ist. Das ist spannend“, sagt er. Sein älterer Bruder war auch schon in Arbeitsgemeinschaft. Nick findet, dass man beim Angeln etwas lernt „und etwas mit Freunden zusammen machen kann“.

Schon die Kleinen kennen sich in Angler-Latein aus: „Ich habe auf Pose geangelt, eine Rotfeder hat angebissen, da ist ein Hecht hinterhergesprungen“, erzählt einer.

Larissa aus der 5. Klasse ist auch mit am See. Ihr Vater hat sie zum Angeln gebracht, gern würde sie öfter mit der Familie losziehen. Ab und zu gehen sie in einer Forellenzuchtanlage angeln, dann benutzt sie gern gelbe Gummimaden als Köder. Die würden so glitzern und hätten einen besonderen Geruch. Larissa macht der Fang Spaß. „Das ist ein Erfolg, wie eine Prämie.“ Dass sie das einzige Mädchen ist, macht ihr nichts aus. „Ich bin mir bewusst, was es heißt, nur unter Jungs zu sein“, sagt sie selbstbewusst. Stolz ist Larissa darauf, dass sie beim Fische-Raten in der AG gewonnen hat. Ihr Ziel ist es, den Raubfischschein zu erwerben.

Nach einer Stunde lässt die Aufmerksamkeit nach, zumal an diesem Tag kein Fisch anbeißt. Einige Jungs suchen das Ufer nach interessanten Dingen ab. Riccardo Bliese ruft sie zurück und muss zwischen zwei Jungs schlichten. Er nimmt das gelassen. „Die Kinder haben ja schon in der Schule ein paar Stunden Unterricht hinter sich.“

Für den Vorstand des Anglervereins ist die AG ein Gewinn. „Die Jungangler bringen durch ihre erfreuliche Neugier frischen Wind in unseren schon etwas betagten Verein. So mach alter Hase ließ sich sogar dazu verleiten, aus seinem ,Angelkästchen’ zu plaudern“, sagt Vorstandsmitglied Jutta Gurski.

Auf dem Vereinsgelände am Stienitzsee haben die „Hot Hooks“ eine eigene Hütte, die sie selbst umgebaut haben. In den Ferien fanden dort am Ufer immer wieder Camps statt, in denen natürlich nicht nur geangelt, sondern auch im Wasser gespielt und gewandert wird. Dann übernachten die Kinder und Jugendlichen in Zelten oder im Vereinssaal. Die jungen Angler beteiligen sich auch am Vereinsleben. So boten sie 2012 beim Tag der offenen Tür frisch geräucherte Forellen an. Sie helfen auch beim Frühjahrs- und Herbstputz mit.

„Die Kinder und Jugendlichen haben Spaß in der Natur“, meint AG-Leiter Riccardo Bliese. Die AG am Laufen zu halten, ist jedoch nicht immer einfach für den Anglerverein. Die AG-Mitglieder sind zwar auch Mitglieder des Anglervereins, dürfen aber allein ohne Eltern nicht auf das Gelände. Viele der Eltern sind aber selbst kein Vereinsmitglied, nur die jedoch haben ungehindert Zutritt. Das verhindert oft das Angelerlebnis. Ein weiteres Problem: Wenn die Kinder größer und Vereinsbeiträge erhoben werden, springen einige der Heranwachsenden ab. Wichtig ist hier der Einfluss der Eltern. Ebenso, wenn es um zusätzliche Kosten geht, etwa für Feriencamps oder Anglerkarten für den See.

Trotzdem will der Anglerverein Petershagen e.V. auf die Arbeitsgemeinschaft der „ Hot Hooks“ nicht verzichten. Riccardo Bliese: „Für uns ist die AG wichtig, damit der Verein weiterlebt.“