Broschüre zum 100. Geburtstag des Anglerclubs „Früh auf Teupitz“ e.V.

100 Jahre Anglerclub Teupitz

Auf der Jahreshauptversammlung des Anglerlubs „Früh auf Teupitz“ e.V. in der Aula der Grundschule Teupitz konnte am 18. Februar 2023 die 76-seitige DIN A4-Broschüre „100 Jahre Anglerclub Früh auf Teupitz e.V.“ vorgestellt werden.

Im Mittelpunkt der Konzeption stehen das praktische Handeln des Clubs und seine Rolle in der Stadt. Deshalb beginnt die Broschüre mit seiner Gründung am 23. Februar 1923 und endet mit dem Sommerfest am 23. Juli 2022. Den Anhang bildet die interessante Vorgeschichte des Vereins, u.a. mit Dokumenten zur ersten künstliche Fischzucht in Brandenburg, zum Fischereistreit Ende des 19. Jahrhunderts und zum Zanderzug.

Im Hintergrund bleibt die ausführlichere Darstellung des Vereins aus der Sicht der ihm über-geordneten Strukturen, dem Arbeiter-Angler-Bund Deutschlands e.V. (Weimarer Republik), dem Reichsverband Deutscher Sportangler e.V. (Nazi-Zeit), dem Deutschen Angler-Verband (DDR-Zeit) sowie dem Deutschen Angelfischerverband e.V. (BRD) Die damit verbundene Entwicklung der Organisation der Teupitzer Angler vom Club über die Ortsgruppe zum Eingetragenen Verein wird durch konkrete Darstellungen in der Broschüre erläutert. Betont werden die überwiegenden Gemeinsamkeiten im demokratischen Leben der Ortsgruppe in der DDR und des Eingetragenen Vereins nach dem Beitritt zur BRD.

Die Broschüre vermeidet die mitunter geführte Debatte über den Charakter des Vereins, die im umstrittenen Vereinigungsprozess des DAV und DAFV von 1990 bis 2013 eine nicht unwesentliche Rolle spielte. Ist er eine politische Organisation, ein Sportverein, ein Freizeitverein oder eine „Naturschutzgruppe“? Der Standpunkt der Mehrheit der Angler wird ausgesprochen durch die Darstellung dessen, was der Club bisher tatsächlich leistete. Er ist keine politische Organisation, kann sich aber zur Sicherung seiner Interessen nicht jeglicher Politik entsagen; er ist ein Sportverein, insofern die sportlichen Wettkämpfe zu seinem Lebenselixier gehören; er ist ein Freizeitverein von immensen Werten für viele Bürger, und seine Funktionen zum Naturschutz gewinnen mehr und mehr an Bedeutung.

Auf zwei Details der Einbindung des Clubs in die allgemeine Geschichte sei verwiesen.
Der Text spricht nicht mehr von deutscher Ostkolonisation im Mittelalter, sondern von deutscher Ostsiedlung, obwohl auch dieser Begriff Einseitigkeiten in sich birgt. Das Schenkeländchen wurde keine Kolonie der Schenken von Landsberg Wie die Siedlung um 1300 in der hiesigen Region konkret vor sich ging, ist noch unerforscht. Für das Selbstverständnis der Angler ist wichtig, was bisher kaum betont worden ist. Am Beginn der Teupitzgeschichte standen wendische Fischer, vor den anhaltinischen Adligen Bernt von Plotzik oder die Schenken von Landsberg, die sich um 1307 den See als Privateigentum aneigneten und damit den Anglern das Recht zum Angeln für zirka 650 Jahre entzogen. Teupitz erhob sich auf den Schultern der Fischer, die hier schon Jahrzehnte, vielleicht sogar Jahrhunderte gesiedelt hatten.

Der Begriff der „Wende“ wird nicht mehr für den Übergang von der DDR zur BRD verwendet, wie es im politischen Alltag und in vielen Publikationen noch überwiegt. Die Eintragung des Anglerclubs ins Handelsregister am 30. Oktober 1990 war keine Folge der „Wende“, sondern des Beitritts der DDR zur BRD. Der Begriff der „Wende“ wird beschränkt auf einen Vorgang innerhalb der DDR, der letztlich scheiterte. Für den folgenden Prozess wird nicht der Begriff Wiedervereinigung oder Vereinigung verwendet, sondern der genauere Begriff „Beitritt“, denn seinem gewollten Inhalt nach war er nicht mehr als ein Beitritt oder ein Anschluss der DDR an die BRD.

Für den Verein und die Fischerei erwiesen sich dabei die Umbrüche in ihrem Eigentum als das letztlich (nicht allein!) Entscheidende: Das war im Vollzug des „Einigungsvertrages“ in der ganzen DDR ebenso, bleibt aber meistens hinter den politischen Umbrüchen verborgen. Mehr oder weniger effektiv genutztes gesellschaftliches Eigentum wurde auch in Teupitz in großem Stil auf verschiedenen Wegen in privates Kapital verwandelt. Für die Jahrhunderte alte Teupitzer Fischerei entstand damit die Gefahr des Sterbens, da ihr Grundstück als Eigentum verloren ging. Der Club verlor jenes Grundstück, das er für die sowjetischen Angler mit gestaltet hatte, konnte aber sein Sportgelände günstig pachten, da es schließlich der Kommune „zugeordnet“ worden war und der Club-Vorsitzende einen neuen, akzeptablen Pachtvertrag aushandeln konnte.

Blicken die Teupitzer Angler zurück, können sie auf die Geschichte ihres Clubs berechtigt stolz sein. Sie standen ganz am Anfang der Stadtgeschichte und stehen dank ihrer Club-Gründung von 1923 als 100-jährige, gereifte Kraft mitten in ihr. Sie sind mit dem Fischer die entscheidende Kraft, die sich um das Herz der Stadt kümmert, den Schutz und die Entwicklung des Sees und seines Fischreichtums.

Dr. Lothar Tyb’l, Teupitzchronist