Angler retten Tausende Aale am Rathenower Wehr

Aalrettung

Sie folgen ihren Instinkten und sind bereits durch den halben Atlantik geschwommen. Auf ihrer langen Reise kann sie fast nichts aufhalten. An einem Wehr der Havel in Rathenow ohne eine Fischtreppe ist jedoch Schluss. Ihre Fressfeinde freuen sich dann über die Massen kleiner Aale (Anguilla anguilla), die nach einem Ausweg suchen, um ihren Aufstieg fortzusetzen. Am Wehr verletzen sie sich und kämpfen bis zur Erschöpfung gegen das Hindernis an. Ohne menschliche Hilfe hätte ihr erst kurzes Leben an diesem Wehr geendet. Engagierte Angler haben am Wochenende Tausende Aale gerettet. Mittelfristig muss dort dringend eine Aufstiegshilfe für die Aale installiert werden.

„Aale sind so programmiert, dass sie durch den halben Atlantik zu uns an die europäische Küste schwimmen, dort in die Flüsse aufsteigen. Der Instinkt der Tiere sagt, gegen die Flussströmung schwimmen, bis du einen geeigneten Lebensraum findest, dort bleiben, sich dick und rund fressen bis zur Geschlechtsreife im Alter von 15 bis 20 Jahren, dann wieder zurückwandern in den Atlantik und dort für Nachwuchs sorgen, wo der Aal selbst zur Welt gekommen ist. So funktionieren die Aale“. Und so wie es Lars Dettmann, Geschäftsführer des Landesfischereiverbandes Brandenburg, beschreibt, schwammen sie dann bis zum Rathenower Wehr in der Unteren Havel, wo sie zu Tausenden nicht mehr weiterkamen.

Rathenower Anglern fiel diese ungewöhnliche Ansammlung von Aalen am Wehr auf, die sich daraufhin unmittelbar mit dem Landesanglerverband Brandenburg in Verbindung setzten. Mit Unterstützung des Landesfischereiverbandes und in Abstimmung mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt Spree-Havel wurde dann die Hilfsaktion gestartet, die über mehrere Tage andauerte. Mit Keschern wurden die Aale eingesammelt und dann oberhalb des Wehres wieder ausgesetzt. Erschwerend kam ein wegen der Hitze niedriger Wasserstand hinzu. Das über zwei Meter hohe Wehr war unüberwindlich geworden.

Wir bedanken uns ausdrücklich bei Jens Bendler vom AV Premnitz, Roland Schön vom AV Brandenburg-Nord, Torsten Sumpf, Axel Rudolph und Stefan Tenzer von der Betriebssportgruppe des Wasser- und Schifffahrtsamtes, für die Organisation und Durchführung dieser klasse Rettungsaktion sowie besonders bei Tino Swiatek, der uns durch die Zusendung seiner Videos erst auf diese sich anbahnende ökologische Katastrophe vor Ort aufmerksam gemacht hat. Sie haben einmal mehr gezeigt, es sind die Angler, welche die wahren Naturschützer sind.

Auf diesem Video werden das ganze Ausmaß und die dramatischen Szenen, die sich unter Wasser abgespielt haben, deutlich.

Artikel über die Vorkommnisse sind darüber hinaus in der Märkischen Oderzeitung (MOZ) sowie in der Märkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ) zu finden. Auch die Angelfachzeitschrift Blinker berichtete darüber.

Hintergrund

Die großen Flüsse in Deutschland sollen wieder durchgängig werden, insbesondere für Fische. Ein Schritt dorthin sind Fischaufstiegsanlagen an Querbauwerken wie Wehren und Staustufen. Wie jedoch muss eine solche Anlage konstruiert sein, damit Fische den Einstieg in diese Fischtreppe finden und passieren können Durchwanderbare Flüsse sind eine wesentliche Voraussetzung für intakte Fischpopulationen und damit für den guten Zustand der Fließgewässer. Diese langfristig in einen guten ökologischen Zustand zu bringen, ist das Ziel der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Ein wesentlicher Schritt hierzu ist der Bau von Fischaufstiegsanlagen an den Stauanlagen der Flüsse, die den Fischen Wanderungen zu ihren Laich-, Aufzucht- und Nahrungsgebieten ermöglichen.

Damit Fische den Einstieg einer Fischaufstiegsanlage finden können, ist nach derzeitigem Kenntnisstand die Ausbildung einer Leitströmung entscheidend. Diese muss sich von der turbulenten Strömung im Unterwasser einer Stauanlage absetzen und den Fischen den Weg zum Einstieg weisen. Insbesondere an den großen Flüssen reicht hierfür der Durchfluss in der Fischaufstiegsanlage nicht immer aus. In Folge dessen kann es erforderlich werden, kurz oberhalb des Einstiegs zusätzliches Wasser in die Fischaufstiegsanlage hinzuzugeben. (Quelle: W. Kohlhammer GmbH, Bundesamt für Naturschutz)

© Fotos: Marcel Weichenhan (LAVB)